Die finanzielle Privatsphäre ist genügend geschützt. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Peter Morf.
Ursprünglich sollte der Nationalrat am Donnerstag in die nächste Runde der Differenzbereinigung zur Volksinitiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre» sowie des Gegenentwurfs steigen. Das Traktandum wurde allerdings kurzfristig gestrichen. Grund dafür war ein Entscheid der Wirtschaftskommission (WAK) des Nationalrats vom Tag zuvor: Wie vor ihr schon die WAK des Ständerats lancierte auch jene der grossen Kammer eine Motion, die verlangt, auf die Vorlage zur Revision des Steuerstrafrechts sei definitiv zu verzichten. Die Diskussion der Initiative wurde sistiert, bis die Motionen in der Wintersession behandelt werden.
Der SVP-Nationalrat Thomas Matter reichte vor drei Jahren die erwähnte Volksinitiative ein. Er hatte sie auch als Reaktion auf die Vorlage zur Revision des Steuerstrafrechts lanciert. Diese Vorlage geht auf die frühere Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf zurück. Sie versuchte damit, gleichsam durch die Hintertür das Bankkundengeheimnis auch im Inland auszumerzen. Mit der Annahme des automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen (AIA) war es schon gegenüber dem Ausland hinfällig geworden. Mit der Initiative soll das Bankkundengeheimnis in der Verfassung geschützt werden.
Matters Begehren wurde jedoch kontrovers aufgenommen. Während der Nationalrat die Initiative unterstützte, lehnte sie der Ständerat ab. Sie sei überflüssig, gehe zu weit und erschwere internationale Abkommen. Der Nationalrat wiederum lancierte zusätzlich einen Gegenvorschlag zur Initiative, in der Hoffnung, diese würde zurückgezogen. Der Gegenvorschlag wollte im Wesentlichen das geltende Recht in die Verfassung schreiben. Auch davon hielt der Ständerat – zu Recht – wenig.
Nun scheint die in beiden Räten lancierte Motion einen Ausweg aus der Sackgasse zu weisen. Mit einem Verzicht auf die Revision des Steuerstrafrechts würde der Grund für die Initiative hinfällig. Thomas Matter hat bereits durchblicken lassen, dass er die Initiative zurückziehen könnte, wenn die Motionen akzeptiert werden. Von Finanzminister Ueli Maurer ist bekannt, dass er nicht an der Vorlage zum Steuerstrafrecht hängt.
Thomas Matter ist gut beraten, die Initiative zurückzuziehen. Es ist absehbar, dass sie in einer Volksabstimmung kaum Chancen hätte. Auch weite Teile der bürgerlichen Parteien wollen von ihr nichts wissen. Sie halten zu Recht fest, die finanzielle Privatsphäre und damit das Bankkundengeheimnis im Inland seien durch die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen ausreichend geschützt.
Sollte die Initiative in der Volksabstimmung erwartungsgemäss scheitern, würde das von der politischen Linken zu einem Plebiszit gegen das von ihr so verhasste Bankkundengeheimnis umfunktioniert. Darum haben SP-Vertreter in der nationalrätlichen WAK gegen den Verzicht auf die Revision des Steuerstrafrechts gestimmt – sie wollen das Thema offenbar auf der Traktandenliste halten. Eine allfällige Volksabstimmung könnte damit zum veritablen Eigentor werden.
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