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14:35 Uhr - 06.03.2016

BIZ macht sich Sorgen um Negativzinsen

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) fürchtet neue Instabilität im Bankensystem. Hybridanleihen, sogenannte CoCo-Bonds, könnten mehr schaden als helfen.

Von China über die Schwellenländer, den Ölpreis, hochverzinsliche Anleihen und am Schluss zu den Banken – das sind die Dominosteine der grossen Nervosität, die in den ersten Monaten des Jahres an den Märkten geherrscht hat.

«Erst waren die Märkte über das langsame Wachstum in China und die Anfälligkeiten der Schwellenländer beunruhigt», zeichnet die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem am Sonntag publizierten Quartalsbericht die Nervosität ab Anfang Jahr nach.

Sorgen um das weltweite Wachstum hätten den Ölpreis und die Schwellenländerwährungen scharf nach unten getrieben und für eine Flucht in Sicherheit, in die Anleihenmärkte der Industrieländer gesorgt, schreibt die Bank der Zentralbanken mit Sitz in Basel.

Die Turbulenzen wirkten sich dann auf die Industrieländer aus, eine flachere Zinsterminkurve und zunehmende Risikoaufschläge sorgten für Rezessionsängste.

Die Angst um die Banken

Europäische BankaktienzoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) In einer zweiten Phase sorgten die Marktverwerfungen dann zu Sorgen um die Banken. Die Grafik rechts zeigt die Performance von Bankaktien in den USA, Europa und Japan im Vergleich zum jeweiligen Aktienindex. Besonders japanische Geldhäuser wurden seit Jahresanfang abgestraft.

Bank-Anleihen und AktienzoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) «Zusammen mit den fallenden Kursen stiegen die Prämien für Kreditversicherungen (Credit Default Swaps, CDS)», beobachten die BIZ-Ökonomen. Und auch die Renditen auf Contingent Convertible Bonds (CoCo) – bedingte Pflichtwandelanleihen von Banken – stiegen deutlich an.

Diese Anleihen sollten eigentlich die Sicherheit der Banken garantieren. Denn sie werden von Fremdkapital zu Eigenkapital oder gar ganz abgeschrieben, sollte in einer Krise in der Bilanz zu wenig Eigenkapital zur Verfügung stehen.

Doch statt Sicherheit brachten CoCo die Unsicherheit um die Banken zum Vorschein. Die gestiegenen Risikoaufschläge auf CoCo wurden zum Warnzeichen. «Die Bewegungen in den Preisen von Bank-Wertpapieren wurden durch Marktdynamiken bei den Wechselwirkungen von CoCo, Aktien und CDS verschlimmert», schreibt der BIZ-Ökonom Michael Chui.

CoCo-Angst drückt Aktienkurse

Die Logik dahinter: Es gab Sorgen, dass Banken auf ihren CoCos keinen Coupon mehr bezahlen würden. Konkret ging diese Sorge Anfang Februar im Zusammenhang mit der Deutschen Bank um. Um sich vor einem Ausfall zu sichern, hätten sich die CoCo-Eigentümer abgesichert – in dem sie Bankaktien leerverkauft oder CDS-Papiere als Versicherung gekauft hätten. Das Sorgte für die gleichzeitige Bewegung in CoCos, Bankaktien und CDS.

Preis-Buch-Verhältnis von BankenzoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Die Unsicherheit um die Banken zeigte sich auch in dem schon seit Ende 2015 fallenden Verhältnis von Kurs zu Buchwert, dem Price-to-Book-Ratio (vgl. Grafik rechts).

Doch was sorgte eigentlich für die Unsicherheit? Chui sieht zum einen Sorgen um das Exposure gegenüber dem Energiesektor. Auch hätten viele Banken noch notleidende Kredite in ihren Büchern. Und der Markt sei zur Einsicht gekommen, dass die aussergewöhnlich flache Zinskurve länger Bestand hätte als eigentlich gedacht.

Bandbreite der Quartalsgewinne europäischer BankenzoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Ein Auslöser der grossen Unsicherheit um die Gesundheit der Geldhäuser: Einige Banken haben hohe Verluste im letzten Quartal 2015 eingefahren. Während der Mittelwert sich kaum veränderte, ist das Spektrum bei den Profiten der Finanzinstitute extrem gross geworden (vgl. Grafik rechts).

Nachdem die CoCo angeschlagen und die Aktienkurse so stark gefallen sind, ist die Frage offen, «wie gut sich Banken noch über den Markt Kapital beschaffen können, wenn es gebraucht wird», schreibt Chui.

Die globale Liquidität geht zurück

Ausgabe neuer SchuldtitelVeränderungsrate von Schuldtiteln, herausgegeben von Banken und Nicht-Banken.zoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Mit der Sorge um die Banken und der Nervosität an den Märkten ist es kein Wunder, dass die Kreditvergabe stockt. International ist die Kreditvergabe um 0,8% zum Vorjahr gefallen. Das ist der erste Rückgang seit dem ersten Quartal 2014. Nur noch die Kreditvergabe gegenüber Nicht-Banken ist noch gestiegen.

BankkrediteKreditpositionen gegenüber Banken und Nicht-Banken, jährliche Veränderungsrate.zoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Die internationale Ausgabe von Schuldtiteln ist dagegen stabiler über den Jahresverlauf. Aber das Wachstum ist in der zweiten Jahreshälfte 2015 stark gefallen. «Diese Entwicklung bei der internationalen Kreditvergabe durch Banken und Wertpapiere ist bedeutend, da sie einen Wendepunkt bei der globalen Liquidität darstellen könnte», schreiben die BIZ-Ökonomen.

Die globale Liquidität ist ein Konzept, dass die Finanzierungsbedingungen an den internationalen Märkte darstellen will. Ist die Stimmung an den Märkten gut – in den Grafiken rechts am Volatilitätsindex Vix abgetragen – sollte auch die Liquidität expansiv sein. Die Finanzierungsbedingungen werden nun schwieriger. Wobei das auch auf die Kreditnachfrage zurückzuführen ist, wie es in dem BIZ-Bericht heisst. Der Grund: «Da das Wachstum in manchen grösseren Schwellenländern hat sich verlangsamt.»

Besonders chinesische Schuldner bauen ihre Kredit aus dem Ausland ab. «Im dritten Quartal 2015 ist die Kreditvergabe an China um 119 Mrd. $ gesunken», schreiben die BIZ-Ökonomen. Nun sind es noch 877 Mrd. $ – ein Jahr zuvor waren es 1,1 Bio. $.

Grosse Unsicherheit um die Negativzinsen

Zinsen in der EurozonezoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Ein Grund für die Nervosität um die Profitabilität der Banken ist ein neues geldpolitisches Instrument: negative Leitzinsen. Dabei bleibt in den Augen der BIZ offen, wie sich Negativzinsen in der Wirtschaft tatsächlich auswirken. Die Grafik rechts zeigt die Zinsen in der Eurozone. Der Geldmarktzins (gelbe Linie) konnte durch den negativen Einlagezins gesenkt werden. Auch die Renditen deutscher Staatsanleihen konnten so gedrückt werden. Doch der Zins für Privatkunden ist immer noch positiv.

Zinsen in der SchweizzoomQuelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Die Grafik rechts für die Zinsen in der Schweiz zeigt, wie sich die Banken trotz negativem Notenbank-Zins profitabel halten – obwohl sie keinen Negativzins von Privatanlegern fordern. Die Marge auf Hypotheken (lila Linie) hat sich deutlich erhöht. Denn der Hypothekensatz wurde nicht zusammen mit der SNB-Zinssenkung gesenkt.

«Die Schweizer Erfahrung weist auf eine fundamentale Spannung hin, wenn die Motivation ist, negative Zinsen auf die gesamte Volkswirtschaft zu übertragen», meinen die BIZ-Ökonomen. Wenn sich die Negativzinsen nicht in tiefere Kreditzinsen niederschlagen, würden sie ihrer Begründung nicht gerecht.

Doch falls negative Leitzinsen für tiefere Kreditzinsen sorgten, würden sie die Bankprofitabilität treffen – wenn denn nicht gleichzeitig negative Zinsen auf Kundeneinlagen bei den Banken eingeführt würden. Doch das würde die Stabilität der Kundeneinlagen bei den Geldhäusern gefährden. Im Klartext: Kunden würden ihr Geld von den Banken abziehen.

In beiden Fällen – ob Negativzinsen sich in tiefere Kreditzinsen niederschlagen oder nicht – würde das Geschäftsmodell der Banken in Frage gestellt werden.

«Es gibt eine grosse Unsicherheit über das Verhalten von Individuen und Institutionen, wenn die Zinsen weiter in den Negativbereich absinken oder sie für eine längere Zeit negativ bleiben», meinen die BIZ-Ökonomen. Zwar hätten sich die Negativzinsen bisher im Geldmarkt niedergeschlagen, doch es sei unbekannt, ob «die Mechanismen wie weiter funktionieren werden oder nicht an einer Stelle kippen werden.»

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