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14:09 Uhr - 30.10.2015

Multi Asset – und was dahintersteckt

Multi, wo man hinschaut – Multi-Asset-Strategie, Multi Asset Class, Multi-Asset-Portfolio, Multi-Manager. Gemeinsam ist den Strategien ein flexibles Vorgehen. Die FuW stellte vier Finanzdienstleistern vier wichtige Fragen.

Vier Fragen an vier Finanzdienstleister:

» Jakob Tanzmeister, J.P. Morgan
» Reto Hintermann, GAM
» José Antonio Blanco, Credit Suisse
» Urs Duss, Schroders

Jakob Tanzmeister
Client Portfolio Manager Balanced-Mandate, J.P. Morgan

Kaum ein Finanzdienstleister, der nicht Multi-Asset-Produkte propagiert. Der Begriff verbreitet sich inflationär. Was ist neu daran, was nur Verpackung?
In dem herausfordernden Kapitalmarktumfeld der letzten Jahre haben sich Multi-Asset-Strategien grosser Beliebtheit erfreut und enorme Zuflüsse erzielt. Es gibt unterschiedliche Konzepte, die für verschiedene Anlagebedürfnisse sinnvoll sind. «Wer im volatileren Umfeld der letzten Monate Mehrwert geschaffen hat, sollte auch langfristig Erfolg haben.» (Bild: Tobias Manuel Debus)Wichtig ist, dass die Produkte flexibel agieren und das breite Spektrum an Anlageklassen genutzt werden kann. Den Mischfonds vergangener Generationen fehlt im heutigen Niedrigzinsumfeld der sichere Ertrag von Anleihen.

Das Portfoliomanagement von Multi-Asset-Lösungen geniesst grosse Freiheiten. Was passiert, wenn es mit seinen Entscheiden falschliegt? 
Um das Management zu beurteilen, sollte man zunächst nach der Zielsetzung des Produkts unterscheiden. Manche Mischfondskonzepte stellen Kapitalerhalt oder -wachstum in den Mittelpunkt, während andere einen attraktiven laufenden Ertrag im Fokus haben. In den volatileren Märkten der vergangenen Monate mussten Fondsmanager zeigen, was sie können. Anleihen stagnierten, und Aktien verloren teils über 10%. Wer es schafft, in einem solchen Marktumfeld Mehrwert zu bieten, sollte auch langfristig Erfolg haben.

Was ist am Vorwurf dran, Anbieter würden im Multi-Asset-Bereich kompensieren, was sie wegen des Trends zum passiven Anlegen an Gebühren verlieren?
Passive Anlageprodukte können bei Multi-Asset-Lösungen als Bausteine einer Anlagestrategie dienen, nicht aber den Mehrwert der aktiven Vermögensallokation ersetzen. Dieser Mehrwert liegt übrigens nicht nur in der erfolgreichen Kombination von Anlageideen und Asset-Klassen, sondern umfasst vor allem ein diszipliniertes Risikomanagement. Brauchbare Multi-Asset-Lösungen sind also ganzheitliche Portfolios, die deutlich über einen Mix passiver Anlageprodukte hinausgehen sollten.

Was sind für institutionelle, aber auch für vermögende Privatkunden die Anlagekonzepte der Zukunft?
Das heutige Marktumfeld ist durch immer vielschichtiger werdende regulatorische und risikobedingte Anforderungen sowie demografische Faktoren gekennzeichnet. Dabei verlangen Investoren nach Lösungsansätzen, und die Asset Allocation spielt eine zentrale Rolle. Das heisst nicht, dass Anlagekonzepte der Zukunft automatisch Multi-Asset-Produkte sein werden, aber ganzheitliche Lösungen, die zumindest die genannten Aspekte der Asset Allocation abdecken, werden immer wichtiger.

 

Reto Hintermann
Head of Institutional Mandates Schweiz, GAM

Kaum ein Finanzdienstleister, der nicht Multi-Asset-Produkte propagiert. Der Begriff verbreitet sich inflationär. Was ist neu daran, was nur Verpackung?
Multi-Asset-Lösungen sind nicht neu. Doch wir stehen am Ende eines dreissigjährigen Zinszyklus. Bisher hat ein Investor aufgrund sinkender Zinsen auch mit einer relativ konstanten Vermögensallokation laufend von Zusatzertrag in Form von Kapitalgewinnen profitiert. Diese Entwicklung nimmt nun ein Ende. «Die Renditeerwartungen sind generell tiefer, es besteht mehr Bedarf an dynamischer Vermögensallokation.» (Bild: Oli Rust)Dadurch sind die Renditeerwartungen generell tiefer, und es besteht mehr Bedarf an einer dynamischen Vermögensallokation. Die Erfolgschancen für solche Ansätze erachten wir in diesem Umfeld als besser denn je.

Das Portfoliomanagement von Multi-Asset-Lösungen geniesst grosse Freiheiten. Was passiert, wenn es mit seinen Entscheiden falschliegt? 
Die Diversifikation ist eine der wichtigsten Eigenschaften solcher Lösungen: Sie erlaubt, im Portfolio eine Vielzahl unterschiedlicher Risiken zu kombinieren. Damit sinkt das Risiko, aufgrund einer zu konzentrierten Ausrichtung völlig auf dem falschen Fuss erwischt zu werden. Mit Stop-Loss- oder Volatilitätslimiten kann der Anleger eine zusätzliche Begrenzung der Risiken einbauen, die sich nach seinen individuellen Ansprüchen richtet.

Was ist am Vorwurf dran, Anbieter würden im Multi-Asset-Bereich kompensieren, was sie wegen des Trends zum passiven Anlegen an Gebühren verlieren?
Wie erwähnt begünstigt das Marktumfeld momentan die Nachfrage nach Multi-Asset-Lösungen – aber Erfolg haben nur Anbieter, die das Vermögen ihrer Kunden auch effizient bewirtschaften. Gerade jetzt ist es entscheidend, unnötige Kosten zu vermeiden, die noch zusätzlich auf die Rendite drücken.

Was sind für institutionelle, aber auch für vermögende Privatkunden die Anlagekonzepte der Zukunft?
Wir glauben an eine dynamische Vermögensallokation, die langfristige Zyklen und Renditepotenzial mitberücksichtigt, aber auch kurzfristige Markttrends ausnutzt. Zudem streben wir eine durchdachte Kombination ausgesuchter Bausteine an, die auf das Risikoprofil und den Anlagehorizont des Kunden zugeschnitten sind. Eine solche Kombination sollte klassische Long-only-, marktneutrale Strategien und – unter Umständen – eher illiquide Anlagen wie Immobilien, Private Equity oder Private Debt umfassen.

 

José Antonio Blanco
Head of Global Multi Asset Class Solutions, Credit Suisse

Kaum ein Finanzdienstleister, der nicht Multi-Asset-Produkte propagiert. Der Begriff verbreitet sich inflationär. Was ist neu daran, was nur Verpackung?
Multi-Asset-Strategien gibt es schon lange. Die Popularität hängt damit zusammen, dass Investoren heute aufgrund der gestiegenen Volatilität und des Wegfalls risikofreier Anlagen für eine angemessene Rendite opportunistischer vorgehen müssen. «Das Zauberwort heisst Disziplin und nochmals Disziplin.» (Bild: Rainer Wolfensberger)Multi-Asset-Strategien sind flexibler als solche, die in nur eine Anlageklasse investieren.

Das Portfoliomanagement von Multi-Asset-Lösungen geniesst grosse Freiheiten. Was passiert, wenn es mit seinen Entscheiden falschliegt?
Das Zauberwort heisst Disziplin und nochmals Disziplin. Die grössere Flexibilität erhöht auch das Risiko von Fehlern. Es ist deshalb wichtig, Charakteristika und Entscheidungsspielraum im Voraus zu bestimmen, mit transparenten Risikoparametern und Diversifikationsgrundsätzen. Das gilt auch für opportunistische Entscheide, die Taktik und die Selektion der Anlagen, die am besten im Rahmen eines strukturierten Prozesses angesiedelt und durch ein striktes Risikomanagement begleitet werden sollten.

Was ist am Vorwurf dran, Anbieter würden im Multi-Asset-Bereich kompensieren, was sie wegen des Trends zum passiven Anlegen an Gebühren verlieren?
Der Grund für die Popularität von Multi-Asset-Strategien ist eher in der Suche nach Rendite und Flexibilität im gegenwärtigen Marktumfeld zu sehen. Viele Anleger suchen nach neuen Renditequellen. Es werden allerdings auch im passiven Bereich Multi-Asset-Strategien angeboten. Der Mehrwert einer Multi-Asset-Strategie ist jedoch vor allem die Flexibilität, die Möglichkeit, das Portfolio mit taktischen Entscheiden veränderten Marktbedingungen anzupassen. Taktische Anlageentscheide sind definitionsgemäss aktiv.

Was sind für institutionelle, aber auch für vermögende Privatkunden die Anlagekonzepte der Zukunft?
Konzepte, die sich nur auf Zyklen aus der Vergangenheit stützen, dürften es schwer haben. Durch die Nullzinspolitik ist ein Spannungsfeld entstanden, in dem sehr viele verschiedene Szenarien möglich sind, die nach unterschiedlichen Anlagestrategien verlangen. Die erhöhte Volatilität wird uns noch einige Zeit begleiten. Je breiter das Universum und je offener der Investor ist, andere Risiken zu nehmen, etwa Liquiditätsrisiken, desto besser kann das Portfolio diversifiziert und können Opportunitäten genutzt werden. Alternative Anlagen, wie zum Beispiel Hedge Funds und Private Equity, gewinnen in diesem Umfeld an Bedeutung.
Urs Duss
Head Multi Asset Schweiz, Schroders

Kaum ein Finanzdienstleister, der nicht Multi-Asset-Produkte propagiert. Der Begriff verbreitet sich inflationär. Was ist neu daran, was nur Verpackung?
Heute ermöglichen Multi Asset Solutions den Zugriff auf ein sehr viel breiteres Spektrum von Anlageklassen als noch vor zehn Jahren. Dazu kommt, dass einzelne Segmente wie etwa der Obligationenmarkt sich erheblich weiterentwickelt haben und so die Möglichkeit bieten, Portfolios sehr viel genauer zu steuern. «Für die Diversifikation liegt der Fokus auf Risikoprämien.» (Bild: Stefan Baumgartner)Wir versuchen, das risikobereinigte Ertragspotenzial zu maximieren, indem wir flexibel in ein diversifiziertes Portfolio aus globalen Aktien, Anleihen und alternativen Anlagen investieren. Für die Diversifikation wird der Fokus dabei auf Risikoprämien gelegt.

Das Portfoliomanagement von Multi-Asset-Lösungen geniesst grosse Freiheiten. Was passiert, wenn es mit seinen Entscheiden falschliegt?
Renditestarke Anlagen sind in aller Regel mit erhöhten Risiken verbunden. Ob Aktien, Anleihen oder andere Anlageklassen – jede für sich birgt die Gefahr von Wertschwankungen und Verlusten. Die Lösung heisst Diversifikation und Risikomanagement. Wer mehrere Gruppen vereint, kann das Verhältnis von Rendite und Risiko nachhaltig verbessern. Unser Multi-Asset-Ansatz investiert nicht starr, sondern kann innerhalb bestimmter Bandbreiten Schwerpunkte setzen. Die «Schroders Multi Asset Risk Technology» («SMART») bietet Hand zu einem konsequenten Risikomanagement.

Was ist am Vorwurf dran, Anbieter würden im Multi-Asset-Bereich kompensieren, was sie wegen des Trends zum passiven Anlegen an Gebühren verlieren?
Im Multi-Asset-Bereich geht es darum, sich von der traditionellen Benchmarkorientierung zu lösen und sich auf das Erreichen konkreter Anlegeziele zu konzentrieren. Wir entscheiden je nach Marktlage, was in den jeweiligen Klassen zu favorisieren ist und ob sich interne oder externe, aktive oder passive Produkte dafür am besten eignen. Damit verfolgen wir zwei Ziele: Risiko und Volatilität verringern und Kosten sparen, denn ETF und eigene Fonds sind vergleichsweise günstig. Zudem haben die Fondsmanager Zugriff auf Advanced Beta: massgeschneiderte Aktien- und Rentenkörbe. Mit dieser Vielfalt kann das Portfolio bei Bedarf schnell angepasst werden, ist breit gestreut und auf Risikoprämien ausgerichtet, mit geringeren Wertschwankungen als ein traditionelles Mischportfolio.

Was sind für institutionelle, aber auch für vermögende Privatkunden die Anlagekonzepte der Zukunft?
Gerade weil sich die Marktlage schnell und unerwartet verändern kann, sind Diversifikation, Flexibilität und Risikomanagement zentral. Die Korrelation vieler Anlageklassen hat stark zugenommen. In diesem Umfeld gelten Multi-Asset-Konzepte als besonders attraktiv, weil sie dafür konzipiert sind, Ertrag mit einer reduzierten Schwankungsbreite zu generieren. Sie eignen sich für institutionelle Anleger wie auch für vermögende Privatkunden. Für beide ist die Risikodiversifikation das A und O der Kapitalanlage.

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