Neue ambitionierte Mittelfristziele könnten wieder für Dynamik in den Aktien des Nahrungsmittelmultis sorgen.
Vorläufig scheint das Potenzial ausgereizt: Nestlé (NESN 105.94 -0.11%) schwanken seit mehreren Wochen ohne Neuigkeiten zwischen 105 und 108 Fr. Dennoch resultiert seit Jahresbeginn ein sattes Plus von 33%. Zwischenzeitlich notierten die Titel des Nahrungsmittelkonzerns auf einem neuen Höchst bei mehr als 113 Fr. Sie profitierten von internen und externen Faktoren: Organisches Wachstum und Margenverbesserung liessen den Gewinn je Aktie überproportional steigen. Aber auch wegen der politischen und konjunkturellen Unsicherheit flüchteten viele Anleger in Nestlé.
Die operativen Verbesserungen haben sich wohl auch im dritten Quartal fortgesetzt. Analysten erwarten insgesamt eine weitere Beschleunigung des organischen Wachstums auf 4 nach 3,6% im ersten Semester. Zum einen ist die Vergleichsbasis nicht mehr so hoch wie in den Vorquartalen. Zwischen Juli und September 2018 wuchs der Konzern 2,9%, bevor er im Schlussquartal nochmals zulegte.
Zudem gibt es einen starken Treiber: Die Lancierung der Starbucks-Produkte dürfte sich laut Andreas von Arx, Aktienanalyst bei der Baader Bank, markant positiv auf das Wachstum aus eigener Kraft auswirken. Ohnehin werde die Übernahme der Rechte an der Handelssparte der US-Kaffeehauskette auch mittelfristig Aktionärswert schaffen.
Auf Kurs für Ziele 2020
Damit ist Nestlé auf Kurs, das ambitiöse Wachstumsziel bis 2020 zu realisieren: ein organisches Plus im mittleren einstelligen Prozentbereich – wie es CEO Mark Schneider vorgibt. Die angestrebte Verbesserung der bereinigten operativen Gewinnmarge auf 17,5 bis 18,5% liegt nach dem Halbjahresresultat in Griffnähe. Insgesamt dürfte das Erreichen der Ziele deshalb grösstenteils bereits eingepreist sein.
Frischen Impuls würde hingegen eine Prognose über nächstes Jahr hinaus geben. Bisher gab sich Schneider bedeckt, was die Ankündigung neuer Mittelfristziele betraf. Wahrscheinlich ist aber, dass der Konzernchef das Tempo hochhalten will und sich mit dem bisher Erreichten kaum zufrieden gibt.
Von Arx etwa rechnet damit, dass die Restrukturierungen auch zukünftig über dem Niveau von vor Schneiders Zeit liegen werden. Die höheren Kosten würden sich zwar im Cashflow bemerkbar machen, aber auch für eine weitere Ausweitung der Marge sorgen. Sowohl Schneider als auch Finanzchef François-Xavier Roger haben wiederholt betont, an der bisherigen Wachstumsstrategie festhalten zu wollen. Das dürfte auch über 2020 hinaus Wert für die Investoren generieren.
Offen ist zudem, was mit dem Erlös von 10,2 Mrd. Fr. aus dem Verkauf der Hautpflegesparte geschieht. CFO Roger hatte kürzlich gesagt, freie Mittel lieber an die Aktionäre zurückführen zu wollen, als sie falsch zu investieren. Die Ankündigung eines weiteren Aktienrückkaufprogramms – das gegenwärtige wird per Ende Jahr frühzeitig beendet –, oder einer Sonderdividende würde die Aktien zusätzlich attraktiver machen.
Mittelfristig attraktiv
Für den weiteren Verlauf der Aktien entscheidend wird zudem sein, wie sich die Situation im Handelskonflikt zwischen den USA und China entwickelt. In den vergangenen Wochen hat jede sich abzeichnende Entspannung für Abwärtsdruck gesorgt.
Auf dem gegenwärtigen Niveau sind Nestlé mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 25 für 2019 und 23 für 2020 zwar teuer. Kurzfristig ist ein Ausbruch gegen oben damit wenig wahrscheinlich. Die Publikation einer neuen ambitionierten Guidance könnte aber mittelfristig wieder für Auftrieb sorgen.
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