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15:00 Uhr - 28.11.2016

Saudi-Arabien gefährdet Opec-Einigung

Der grösste Produzent des Ölkartells stellt nur wenige Tage vor dem Treffen in Wien die Notwendigkeit einer Förderobergrenze in Frage.

Die Euphorie am Ölmarkt ist verflogen: Seit dem Jahreshöchst Anfang Oktober ist der Fasspreis 12% eingebrochen. Je näher das Treffen der Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) rückt, desto grösser werden die Zweifel, dass kommenden Mittwoch in Wien tatsächlich konkrete Massnahmen zur Stabilisierung der Ölförderung bekanntgegeben werden. Selbst Saudi-Arabien krebst zurück.

Ende September hatte die Ankündigung einer Produktionsobergrenze die Marktteilnehmer überrascht. Die Aussicht auf die erste koordinierte Massnahme der Opec seit mehr als acht Jahren weckte die Hoffnung auf ein baldiges Ende der weltweiten Ölflut. Der Preis für Nordseeöl der Sorte Brent stieg auf mehr als 53 $ je Fass. Derzeit beträgt das globale Überangebot gemäss International Energy Agency (IEA) etwa 0,3 Mio. Fass pro Tag.

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Konkret wollte das Ölkartell seine Förderung auf dem Niveau vom Sommer bei 32,5 bis 33 Mio. Fass pro Tag einfrieren. Unter der Führung des grössten Produzenten, Saudi-Arabien, sollten die einzelnen Mitgliedstaaten ihren Teil zur Preisstabilisierung beitragen. Später würden auch Nicht-Opec-Länder wie Russland in die Pläne miteinbezogen, verkündete die Organisation im Anschluss an die Gespräche beim Internationalen Energieforum.

Saudi-Arabien stellt Pläne in Frage

Nun scheint Saudi-Arabien die Pläne aber gänzlich in Frage zu stellen. Am Sonntag sprach sich Energieminister Khalid Al-Falih erstmals seit der Ankündigung Ende September gegen strikte Förderquoten aus. Gemäss saudischer Berichterstattung ist eine Produktionsbegrenzung nicht unbedingt notwendig, um den Preis zu stabilisieren. Stattdessen würde die höhere Nachfrage – insbesondere aus den USA – zu einem Preisanstieg führen. Um der neuen Politik Ausdruck zu verleihen, hat Riad ein für Montag geplantes Treffen mit Russland und anderen Nicht-Opec-Förderern abgesagt.

zoomHintergrund der Umkehr Saudi-Arabiens ist die Uneinigkeit in der Organisation. Angesichts der verschiedenen nationalen Interessen scheint es zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich, dass die Förderer beim Treffen in Wien einzelnen Quoten zustimmen würden. Vieles deutet darauf hin, dass sie die Produktion im Kampf um Marktanteile hoch halten. Im Oktober hat die Organisation die Produktion nochmals leicht gesteigert. Mit 33,6 Mio. Fass pro Tag pumpte sie so viel Öl aus dem Boden wie noch nie zuvor.

Iran und Irak pochen auf Ausnahmen

Wichtige Opec-Produzenten hatten von Beginn weg Ausnahmeregelungen verlangt. So will die iranische Regierung den Marktanteil von vor den US-Wirtschaftssanktionen zurückgewinnen. Dafür müsste die Produktion nochmals leicht auf etwa 4 Mio. Fass pro Tag gesteigert werden. Der Irak pocht darauf, die Fördermenge bei derzeit täglich 4,5 Mio. Fass stabil halten zu können. Die Einnahmen aus den Ölexporten würden im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) gebraucht.

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Bisher hatte sich Saudi-Arabien lediglich bereit erklärt, Nigeria und Venezuela, die wegen der politischen Unsicherheit deutlich unter ihrem Potenzial fördern, von der Regelung auszunehmen. Erst Mitte November war Riad schliesslich auch dem Iran entgegengekommen und hatte angedeutet, eine Stabilisierung der Fördermenge würde genügen. Damit würde die Hauptlast einer Reduktion der Fördermenge – falls der Irak sich weiter weigert – auf Saudi-Arabien und die Arabischen Emirate entfallen.

Noch unsicherer waren die Pläne im Hinblick auf Nicht-Opec-Staaten. Russland, das täglich mehr als 10,3 Mio. Fass produziert, zeigte sich stets ambivalent. Während der russische Präsident Wladimir Putin Saudi-Arabien seine Unterstützung zusicherte, deuten die hohen Investitionen in neue Bohrprojekte darauf hin, dass die russische Produktion weiter zunehmen wird.

Förderbegrenzung ist (vorläufig) vom Tisch

Welches Ziel Saudi-Arabien mit der jüngsten Ansage im Hinblick auf das Treffen am Mittwoch verfolgt, lässt sich schwer sagen. Analysten der Commerzbank vermuten, dass die saudische Regierung versucht, ihre Stellung innerhalb der Organisation zu ändern. Bisher hätten die anderen Staaten darauf setzen können, dass Riad praktisch im Alleingang preisstabilisierende Massnahmen ergreifen würde. Dieses Szenario ist nach den jüngsten Aussagen nahezu vom Tisch – und damit, zumindest vorläufig, auch eine Umsetzung der Förderbegrenzung.

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