Die direkten Auswirkungen des Brexit auf die Schweizer Konjunktur halten sich gemäss Bak Basel in Grenzen. Nicht aber diejenigen der einseitigen Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative.
Vor der Abstimmung über den Brexit wurden für den Austrittsfall zum Teil wahre Horrorszenarien bezüglich der Auswirkungen auf die Konjunktur im Vereinigten Königreich, in der EU und damit auch in der Schweiz gezeichnet. Das Forschungsinstitut Bak Basel hat nun seine Prognosen unter Berücksichtigung des Brexit überarbeitet. Gemäss dem Basisszenario werden sich die Auswirkungen auf die Konjunktur in Grenzen halten. Allerdings schränken die Forscher zugleich ein, dass die Unsicherheiten sehr hoch sind, weshalb sie auch alternative Szenarien erarbeitet haben. Das Hauptrisiko für die Schweiz bleibt die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative.
Im Basisszenario geht Bak Basel davon aus, dass Grossbritannien ein vitales Interesse an einem weiterhin möglichst unbeschränkten Zugang zum EU-Markt hat. Umgekehrt wird die EU Grossbritannien nicht mutwillig in eine Rezession stossen, weil das Vereinigte Königreich ein wichtiger Handelspartner der EU ist. Aufgrund dieser Annahmen geht Bak Basel von einer vergleichsweise geringen Wachstumsabschwächung in Grossbritannien und auch in der EU aus. Vorausgesetzt natürlich, dass der Brexit nicht zu weiteren nationalen Abstimmungen und Austrittsbeschlüssen führt.
Investitionen und Exporte
Entsprechend werden sich gemäss dem Basisszenario auch die direkten Auswirkungen auf die Schweizer Konjunktur in Grenzen halten. Betroffen sind in erster Linie die Ausrüstungsinvestitionen sowie die Exporte in die EU und nach Grossbritannien. Der Konsum sowie die Bauinvestitionen dürften hingegen kaum etwas spüren. Dafür wird der Franken weiter unter Aufwertungsdruck stehen. Die Forscher gehen davon aus, dass die Nationalbank hier Gegensteuer geben wird.
Entsprechend revidiert Bak Basel seine Prognosen für die Schweiz nur leicht nach unten. Für 2016 werden im Basisszenario noch kaum negative Wirkungen erwartet, die Prognose für das BIP-Wachstum bleibt auf einem Prozent. Für 2017 reduziert Bak Basel die Schätzung von einem Wachstum von 1,7 auf 1,5% und für 2018 von 2,2 auf 2,0%.
In einem Alternativszenario weist Bak Basel auf das Hauptrisiko für die Schweiz hin: Die EU könnte an der Schweiz ein Exempel statuieren und die bilateralen Verträge wegen der Masseneinwanderungsinitiative kündigen. In diesem Fall erwarten die Forscher stark negative Auswirkungen für die Schweiz vor allem über den Aussenhandel sowie einen massiven Verlust an Standortattraktivität. Quantifiziert wird dieses Szenario allerdings nicht.
Keine fristgerechte Umsetzung
In der Tat: Die Position der Schweiz hat sich durch den Brexit diesbezüglich deutlich verschlechtert. Die EU ist derzeit kaum bereit, mit der Schweiz über eine mögliche Umsetzung der Initiative zu diskutieren, sie ist durch den Brexit absorbiert. Für die Schweiz heisst das, dass sie nicht in der Lage sein wird, die Initiative fristgerecht und im Einvernehmen mit der EU bis im kommenden Februar umzusetzen. Eine einvernehmliche Lösung wäre auch ohne Brexit eher unwahrscheinlich gewesen – nun kann sie fast ausgeschlossen werden. In diesem Fall wird der Bundesrat den neuen Artikel 121a der Bundesverfassung zunächst über eine Verordnung umsetzen müssen.
Ohne Einigung mit der EU wird er wohl auf die angekündigten unilateralen Massnahmen zurückgreifen. Das heisst, es würden einseitig eine Schutzklausel für die Zuwanderung sowie ein, wie auch immer genau zu definierender, Inländervorrang eingeführt. Da diese Instrumente der Personenfreizügigkeit widersprechen, entstünde das Risiko einer Kündigung der Verträge durch die EU. Die wirtschaftlich so schädliche Phase der Unsicherheit wird also noch anhalten.
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