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13:33 Uhr - 29.06.2020

Bitcoin in der Reifeprüfung

Der Bitcoin-Kurs bewegte sich in der Berichtsperiode zwischen 9000 und 10'000 $ und folgt damit der Stimmung an den Aktienmärkten.

Wegen der Rückkehr der Unsicherheit an den Finanzmärkten handelt Bitcoin (Bitcoin 9084.6 -0.99%) gegenwärtig wie ein Risk Asset. Die Möglichkeit einer zweiten Covid-19-Welle drückt auf die Stimmung an den Märkten. Der Vix-Index stieg auf das höchste Niveau seit knapp zwei Monaten, was die Unsicherheit unter den Anlegern weiter erhöhte und auch Bitcoin und weitere Kryptos beeinträchtigen wird. Bitcoin durchbrach das Support Level von 9200 $ und könnte bis auf 8500 $ dem nächsten Support Level korrigieren.

Umsatzhöchst am Optionenmarkt

Das Total (FP 34.39 -2.45%) Open Interest für CME-Bitcoin-Derivate (Optionen und Futures) erreichte ein neues Allzeithöchst bei 894 Mio. $. Treiber sind nun erstmals Optionen mit einem Open Interest von 440 Mio. $ gegenüber 300 Mio. $ bei Futures gemäss Arcane Research. Das Wachstum der Bitcoin-Optionen weist auf einen zunehmenden Reifegrad des Bitcoin-Marktes hin, da dies ein essenzielles Risikomanagement-Tool für Unternehmen mit Bitcoin-Exposure darstellt.

Decentralized Finance (DeFi) verzeichnete in den letzten Wochen einen starken Wachstumsschub, der in einem Allzeithöchst an investierten Vermögenswerten endete. Im dezentralisierten Finanzökosystem sind aktuell 1,63 Mrd. $ investiert, womit sich allein in den letzten Wochen eine Wachstumsrate von über 60% errechnet. Wie lange und vor allem wie nachhaltig eine solche Wachstumsrate ist, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

PayPal mit Plänen

Der Fintech-Gigant PayPal soll in Kürze seinen 325 Mio. Nutzern den direkten Kauf und Verkauf von Kryptos über seine Plattform offerieren, inklusive Wallets. Aktuell können Investoren bereits via PayPal ihre Mittel von Kryptobörsen wie Coinbase abziehen, was im Gegensatz zu einem Banktransfer augenblicklich geschieht.

Jack Dorsey, CEO von Twitter (TWTR 29.05 -7.4%) und Square, Payment Unicorn, lancierte den Bitcoin-Handel bereits Mitte 2018 und verbuchte im ersten Quartal 2020 mit dem Handel von Bitcoin einen Umsatz von 306 Mio. $. Im Vergleich: Mit traditionellen Zahlungen wurde ein Umsatz von 222 Mio. $ verzeichnet. Krypto wird für immer mehr Fintechs eine Chance, ihre Nutzerbasis zu vergrössern und eine neue Umsatzquelle zu erschliessen. Revolut und Robinhood monetisieren diese Kryptoopportunität ebenfalls.

Fortschritt dank weniger Wettbewerb?

Nur wenige Tage nach Lancierung der WhatsApp-Payment-Lösung in Brasilien musste Mark Zuckerberg eine Niederlage hinnehmen. Brasilien mit 120 Mio. Nutzern ist neben Indien der grösste Markt für die App. Unternehmen und Privatpersonen können via WhatsApp Chat über Facebook (FB 216.08 -8.32%) Pay Geld transferieren. Unerwartet für das Unternehmen wurde die Zahlungslösung durch die brasilianische Zentralbank verboten, und Mastercard (MA 265 3.52%) und Visa (V 189.27 -2.43%) wurden instruiert, keine Zahlungen zu verarbeiten.

Die Zentralbank begründet den Entscheid, sie wünsche Wettbewerb unter den Zahlungsanbietern, damit die Kunden schnelle, bequeme, sichere und effiziente Zahlungslösungen zur Verfügung hätten. Schuldig bleibt sie die Erklärung, wie die Ausschaltung von neuen Wettbewerbern zum Schutz der alten jemals zu Innovation oder gar Verbesserungen für Kunden geführt hat.

Paul Tudor Jones erklärt sich

Bitcoin als digitales Gold (Gold 1771.81 0.03%) festigt sich langsam in den Köpfen der Anleger. Unter dem Titel «The Great Monetary Inflation» hat Paul Tudor Jones einen Investorenbrief veröffentlicht, mit einem Plädoyer für Bitcoin als Inflationsschutz und einer Begründung, weshalb 2% seines Vermögens in Bitcoin investiert sind. Gemäss Chainanalysis stellen bereits heute professionelle Investoren die Mehrheit der Liquidität im Bitcoin-Markt mit einem Anteil von 85% des Dollarwerts der Bitcoin, die an Börsen transferiert werden.

Der Korrektur an den Finanzmärkten im März konnte sich Bitcoin zuerst nicht entziehen und fiel mit den restlichen Wertschriften. Erst kurze Zeit später fand die Abkopplung von den restlichen Anlageklassen statt und stellte den Mehrwert von Bitcoin als unkorrelierte Anlage unter Beweis. Dieser Verlauf erklärt sich aus der Dominanz professioneller Investoren, die neben Bitcoin grössere Positionen in weiteren Anlageklassen halten. Brechen die Märkte ein, wird in einer ersten Phase alles liquidiert, um Zeit zu gewinnen, die Marktsituation neu zu beurteilen. Sprich: Portfolios werden liquidiert, und die Korrelation unter den Anlageklassen erhöht sich.

Private Anleger dominieren

Die Zahl dieser professionellen Investoren im Bitcoin-Markt ist nach wie vor überschaubar und nicht mit derjenigen der Retail-Investoren zu vergleichen, auf die 96% aller Transfers zu Kryptobörsen entfallen. Die wöchentlichen Transfers von Bitcoin zu Börsenplätzen erreichen wieder die Levels von zu Beginn 2018.

Bitcoin auch im Fussball

Während die Herausgeber von Token aus der ICO-Boom-Zeit langsam ihre rechtlichen Malheurs mit den Regulatoren klären, erfreuen sich neue Tokens immer noch grosser Beliebtheit. Der FC Barcelona hat den Barca Fan Token (BAR) lanciert, der Fans des Fussballclubs eine Mitsprache im Clubgeschehen einräumt. Innerhalb von zwei Stunden war das ganze BAR-Volumen von über 600’000 Einheiten zu 2 € von den Fans absorbiert. Nach zwei Tagen handelte der Token bereits bei 6 €, und in 24 Stunden wurde ein Volumen von 2 Mio. € verzeichnet.

Das Ziel dieses Tokens ist «Fan Engagement». Die Fans des FC Barcelona sollen sich aktiv am Clubgeschehen beteiligen, sei dies durch die Belohnung für die Teilnahme an Umfragen und Abstimmungen oder lediglich für die Bezahlung von Fanartikeln oder sogenannten Club Experiences.

Venezuela als Anwender

Und auch das noch: Regierungsinstitutionen in Venezuela akzeptieren Bitcoin als Zahlungsmittel. Venezolaner, die im Ausland leben, können nun die Kosten für Pässe und Dokumente schnell und bequem mit Bitcoin via BTCPay Server bezahlen. Dies ist eine Alternative zu Kreditkarten, bei denen für die Verarbeitung  solcher Transaktionen hohe Gebühren verlangt werden.

Venezuelas eigene Kryptowährung, der Petro (PTR), sollte für inländische Zahlungen genutzt werden. Nicolas Maduros Regierung hat kürzlich informiert, dass knapp 15% aller Transaktionen an Tankstellen via Petro (PTR) bezahlt werden.


Die Meinung des Autors muss nicht mit derjenigen der Redaktion übereinstimmen.

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