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19:30 Uhr - 20.09.2019

Banken werden beim Negativzins entlastet, Kunden nicht

Die Nationalbank hebt die Freigrenze an, ab der die Banken zahlen müssen. Die Geldhäuser werden ihren Kunden wohl nicht den gleichen Gefallen tun.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB (SNBN 5860 2.63%)) hat Druck aus dem System genommen. Zwar bleibt sie bei ihrem Negativzinsregime. Banken müssen weiterhin 0,75% auf ihre Sichtguthaben bei der SNB zahlen. Doch die Währungshüterin hat am Donnerstag die Freigrenze angehoben, ab der die Strafabgabe fällig wird. Für die Banken bedeutet das eine substanzielle Entlastung, die sie wohl aber nicht an die Kunden weitergeben werden.

Konkret hat die SNB die Berechnungsgrundlage für den Negativzins revidiert. Ab November wird der Freibetrag, ab der eine Bank Negativzins zahlen muss, an die Veränderung ihrer Bilanzgrösse gekoppelt und monatlich aktualisiert. Zudem wird  besagte Freigrenze erhöht. Sie entsprach bisher dem Zwanzigfachen der Mindestreserve, die eine Bank bei der SNB halten muss. Die Reserve beläuft sich vereinfacht ausgedrückt auf 2,5% der kurzfristigen Verbindlichkeiten einer Bank, die vor allem aus Kundeneinlagen bestehen. Neu beträgt die Freigrenze nun das 25-Fache der Mindestreserve. «Dies bedeutet eine wesentliche Entlastung», schreiben die Analysten von Raiffeisen.

Effektiver Zins bei –0,2%

Die SNB-Sichtguthaben der Banken machen laut UBS-Analysten heute rund 470 Mrd. Fr. aus. Bisher mussten sie auf gut 290 Mrd. Fr. davon keinen Negativzins zahlen. Neu steigt dieser Freibetrag auf rund 400 Mrd. Fr. Die effektive Durchschnittsbelastung der Banken wird sich ab November auf –0,2% belaufen, schreiben die Raiffeisen-Analysten. Das ist eine Halbierung. Heute beträgt der effektive Zins –0,4%. «Dies dürfte helfen, den Druck, die Negativzinsen an die Bankkunden weiterzugeben, erst einmal zu verringern», so die Experten am Donnerstag.

Gleichentags berichtete dagegen die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass zumindest eine Bank ihr Negativzinsregime gegenüber ihren Kunden verschärft. Credit Suisse (CSGN 12.865 -0.27%) will angeblich nun auch auf hohe Frankenbarbestände Strafabgaben einführen. Auf Eurobestände ab 1 Mio. erhebt sie bereits einen Negativzins von 0,4%. Credit Suisse hat sich offiziell nicht dazu geäussert. Aus dem Institut hört man allerdings, das Zinsumfeld bleibe belastend für die Banken; der Trend, den Negativzins an die Kunden weiterzugeben, sei durch die Nationalbank nicht gebrochen worden.

Verschärfungen erwartet

Konkurrentin UBS (UBSG 11.425 -0.65%) erhebt bereits ab einem Frankenbarbestand von 1 Mio. einen Negativzins von 0,75%. In vielen Dingen orientiert sich der Schweizer Bankenplatz an den beiden Grossen. Auch beim Negativzins könnten sie den Takt vorgeben. Bisher haben nur wenige Institute offiziell eine Abgabe auf hohe Barbestände eingeführt. Daneben geben aber die meisten Geldhäuser an, Negativzinsen individuell zu erheben, abhängig von der gesamten Bankbeziehung des Kunden. Die Graubündner Kantonalbank teilt auf Anfrage mit, an ihrem Regime festhalten zu wollen. Ein Sprecher der PostFinance sagt, die Bank werde den SNB-Entscheid zwar prüfen, doch er ändere im Grundsatz nichts daran, dass die Banken «weiterhin den Druck spüren, ihr Negativzinsregime zu verschärfen».

Dabei würden die meisten Banken in der Schweiz gar keinen Negativzins an die SNB zahlen, sagt ein Bank-CEO zu «Finanz und Wirtschaft», der nicht genannt werden will. Doch daran orientieren sich die Banken wohl auch nicht, wenn sie ihren Kunden Negativzinsen belasten. Diese sind wegen der Massnahmen der Zentralbanken längst auf den Finanzmarkt übergeschwappt. Die Rendite einer zehnjährigen Anleihe der Eidgenossenschaft beträgt rund –0,7%. Der Markt erwartet also langfristig keine steigenden Zinsen, und Bankkunden liegen nicht daneben, wenn sie mit schärferen Negativzinsen rechnen.

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