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07:00 Uhr - 10.08.2015

Mit Michael Pieper investieren

Der Unternehmer und Investor zählt zu den bedeutendsten Investoren in der Schweiz. Seine Engagements sind von unternehmerischem Denken geprägt und daher langfristig ausgerichtet.

Michael Pieper nachzueifern, setzt einiges voraus. Nicht weil er gerne um vier Uhr morgens ins Büro fährt, sondern weil er als Investor einer eigenständigen Linie folgt. Stehvermögen und Unabhängigkeit prägen sie ebenso wie Engagement, Beharrlichkeit und etwas, das man als Treue bezeichnen könnte. Sein Antrieb ist die Freude. In all seinen Investments, egal ob Immobilien, industrielle oder finanzielle Engagements, denkt und handelt er langfristig.

«Ich sehe mich als langfristig orientierten Investor», wird der 69-Jährige nicht müde zu betonen. Eine Konsequenz davon ist, dass er sich noch nie von einer Beteiligung getrennt hat. «Ich glaube an eine profitable Zukunft der Unternehmen, in die ich investiere», sagt er darauf angesprochen. Das gilt auch für seine neueste Beteiligung, AFG Arbonia-Forster. Dem in einem Formtief steckenden Bauausrüster bescheinigt er grundsätzlich gute Entwicklungsmöglichkeiten.

Wegen AFG im Rampenlicht

Wegen AFG steht Pieper dieser Tage wieder im Rampenlicht: Zum Halbjahresbericht vom 13. August ist eine unter seinem Einfluss entstandene strategische Richtungsvorgabe angekündigt. Dabei würde die Ankündigung einer Kapitalerhöhung nicht überraschen.

Der Unternehmer und Investor denkt auch in seinen Investments unternehmerisch. Zu diesen gehören ausser AFG mit Feintool, Forbo, Autoneum, Adval Tech und Rieter weitere kotierte Unternehmen (vgl. Einzeltexte unten). Er kauft nicht heute, um morgen mit Gewinn zu verkaufen. Wenn nötig, bringt er sich mit Rat und Tat ein, um eine Firma vorwärtszubringen und weiterzuentwickeln. Darum engagiert er sich nicht mit zwei oder drei Prozent, sondern mit zehn, zwanzig oder mehr.

Das Unternehmer-Gen wurde ihm vererbt. Entwickelt hat er das Erbgut dann in der Franke Group, die er 1989 von seinem Vater übernahm. Sie gehört wie sein Immobilien- und sein Beteiligungsportefeuille zu der nach einer olympischen Gottheit benannten Holding Artemis Group. Von seinem Vater übernahm er auch den Grundsatz, nie alles in einen Korb zu legen, stets ausreichend flüssig zu sein und sich nicht in die Abhängigkeit von Banken zu begeben.

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Um als Investment in Frage zu kommen, müsse ein Unternehmen über ein vielversprechendes Wachstumspotenzial verfügen. Eine internationale Ausrichtung und führende Marktpositionen respektive die Aussicht darauf sollten ebenfalls nicht fehlen. Dazu müsse er die Branche verstehen, ihre Märkte gut kennen, und die Produkte müssten erklärbar sein. Deshalb würde er zum Beispiel nie in ein IT- oder in ein Pharmaunternehmen investieren, erklärt er auf Anfrage.

Vertrauen ins Management

Ein Unternehmen dürfe nicht überbewertet sein, führt Pieper als weiteres Investmentkriterium an. «Ja, auf jeden Fall», antwortet er denn auch auf die Frage, ob er sich als Value-Investor sehe – als jemanden, der in Unternehmen investiert, deren Potenzial im Preis unzureichend abgebildet ist –, und ergänzt, «aber wie gesagt, mit langfristiger Orientierung». Darum müsse er sich dem jeweiligen Management nahe fühlen und Vertrauen haben.

Pieper sei ein guter Unternehmer, aber nur ein mässiger Investor, ist zuweilen in Finanzkreisen zu hören. Genaueres Hinschauen bestätigt die Einschränkung des Lobs aber nicht. Wer die Kursentwicklung der kotierten Beteiligungen seit der jeweils ersten Beteiligungsmeldung am SPIX misst – am Gesamtmarktindex SPI ohne Dividende –, erhält zwar ein durchwachsenes Bild. Wer so rechnet, lässt aber ausser Acht, dass Pieper verschiedentlich aufgestockt hat, so unter anderem bei Feintool (2008 und 2011) und Rieter (2009). Das berücksichtigend, bleibt Adval Tech der einzige Missgriff, zumindest aus heutiger Sicht.

Als Auslöser für ein Aufstocken oder generell für einen Einstieg nennt Pieper Ereignisse – eine Krise, ein Bedarf an zusätzlichen Mitteln oder eine Veränderung der Aktionärsstruktur –, bei denen er überzeugt ist, der Gesellschaft helfen zu können. Als Samariter oder Weisser Ritter (einen, der die Kontrollübernahme durch einen unerwünschten Investor verhindert) sieht er sich aber nicht: Hilfe gibt es nur, wenn das Investment gute Perspektiven bietet und seine Kriterien erfüllt.

Mit ruhiger Hand zum Ziel

Wenn sich Michael Pieper neu an einem Unternehmen beteiligt, wie zuletzt bei AFG, ist das keine Garantie für eine nachfolgend gute Kursperformance. Wer in der Vergangenheit aber jeden seiner Investitionsschritte abgebildet hat, dürfte heute – mit Autoneum und vor allem Forbo als den wichtigen Leistungsstützen – auf eine insgesamt überdurchschnittliche Wertentwicklung zurückblicken. Und hat dazu noch Dividenden erhalten.

Asset Manager werden daran gemessen, ob sie mit ihrem Portfolio den Gesamtmarkt schlagen oder nicht. So gesehen braucht sich Michael Pieper mit seinen Beteiligungen nicht zu verstecken, obwohl er mit den Aktien nicht handelt, sondern sie – seiner langfristigen Orientierung entsprechend – einfach nur hält.

Feintool wurde gut umgeformtRetter in der Not für ForboAutoneum gedeiht ohne LärmAdval Tech ist ein schwieriger Fall Schutzschild für Rieter

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