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09:55 Uhr - 15.04.2015

Alcatel-Lucent und Nokia stehen vor Grossfusion

Die finnische Nokia will den Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent für 15,6 Mrd. € übernehmen. Der lachende Dritte könnte Ericsson sein.

Nach monatelangen Spekulationen liegen die Karten auf dem Tisch: Der skandinavische Netzwerkausrüster Nokia (NOK1V 7.617 1.52%) will sich mit dem französisch-amerikanischen Wettbewerber Alcatel-Lucent (ALU 3.952 -11.81%) zusammenschliessen. Konkret legt Nokia eine Offerte vor, die Alcatel-Lucent mit 15,6 Mrd. € bewertet. Der Kaufpreis soll vollständig in Aktien bezahlt werden, teilte Nokia am Mittwoch mit. Die Transaktion dürfte den Plänen zufolge in der ersten Hälfte 2016 abgeschlossen sein und bis 2019 rund 900 Mio. € Betriebskosten sparen.

Für Alcatel-Lucent-Aktionäre, die auf den Turnaround des Unternehmens gesetzt hatten, ist die Nachricht erfreulich. Sie erhalten mit dem Gebot von Nokia eine Prämie von rund einem Drittel auf den gewichteten Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate. Bereits am Dienstag, als die Unternehmen über fortgeschrittene Gespräche berichtet hatten, hatten die Alcatel-Lucent-Papiere einen Sprung von 16% auf 4.48 € hingelegt. Nokia reagierten hingegen mit Abgaben, sie verloren bis Handelsende 3,6% auf 7.49 €.

«Richtiger Deal zur richtigen Zeit»

Nokia-Chef Rajeev Suri, der dem neuen Konzern vorstehen soll, rechtfertigte in der Mitteilung vom Mittwoch das Vorgehen. Es sei der richtige Deal zur richtigen Zeit. Auch hätten die beiden Unternehmen komplementäre Technologien und das nötige umfassende Portfolio, um Aktivitäten rund um das Internet der Dinge und den Übergang in die Cloud zu ermöglichen. Alcatel-Lucent-CEO Michel Combes skizzierte das Bild eines «europäischen Champions» und global führenden Anbieters von Ultra-Breitband-, IP-Netzwerk- und Cloud-Anwendungen.

Tatsächlich ist der Schulterschluss angesichts harter Konkurrenz aus China, namentlich durch Huawei und ZTE (763 2.591 5.33%), sinnvoll. Doch es gibt bereits einen starken Player in Europa – den schwedischen Netzwerkausrüster Ericsson (ERIC B 114.7 0.61%), der mit einem Umsatz von umgerechnet 25,1 Mio. €, einer Bruttomarge von 36,2% und einem Gewinn von 1,3 Mrd. € dem künftigen Rivalen das Wasser reichen kann.

Langwierige Integration als Risiko

Denn kombiniert kämen Nokia und Alcatel-Lucent für das Jahr 2014 auf einen Umsatz von 25,9 Mio. €, wovon beide etwa die Hälfte beisteuern. Bei der Bruttomarge (zusammen 38,8%) schneidet Nokia mit 44,3% deutlich besser ab, während Alcatel-Lucent 33,4% aufweist. Unter dem Strich schmälert eine rote Null von Alcatel den gemeinsamen Gewinn von 1,1 Mrd. € leicht.

Ericsson wäre in Europa der lachende Dritte, wenn Nokia und Alcatel-Lucent über mehrere Jahre hinweg mit dem Zusammengehen beschäftigt sind. Die Vergangenheit zeigt, dass ein solches Szenario durchaus realistisch ist: Alcatel-Lucent entstand 2006 aus dem französischen Alcatel-Konzern und dem US-Unternehmen Lucent Technologies und kam viele Jahre finanziell nicht richtig zum Fliegen, auch weil die Grossfusion viele Kapazitäten band.

Turnaround nach CEO-Wechsel

Erst unter CEO Michel Combes, seit 2013 im Amt, nahm der Turnaround Form an. Dies dürfte – in Verbindung mit dem Verkauf das Handygeschäfts von Nokia an Microsoft (MSFT 41.65 -0.26%) – den Ausschlag für die geplante Hochzeit der Netzwerkausrüster gegeben haben. Der einstige Handyweltmarktführer Nokia will zudem strategische Optionen für sein Kartengeschäft Here prüfen. Es steht aber noch nicht fest, ob dies in einer Transaktion mündet.

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